Dieses Bild habe ich im Internet entdeckt. Eine durchaus geistreiche Art, eine der bekanntesten Wundergeschichten Jesu ins Bild zu setzen. Nicht zuletzt deshalb, weil es diesem Bild gelingt, das Wesentliche beinahe schon mit dem ersten Blick erkennen zu lassen. Und weil es - nicht nur nebenbei und alles andere als unwichtig – auch noch die Gesichtszüge zu einem Lächeln bewegen kann.

Wenn wir heute, am 2. Sonntag nach Epiphanias, in präsenter Form einen Gottesdienst feiern könnten, dann würde über die hier ins Bild gesetzte Geschichte gepredigt werden: Die „Hochzeit zu Kana“ aus dem Johannesevangelium (Johannes 2, 1-11), und damit eine der wohl bekanntesten Wundergeschichten der Bibel. Sie erzählt von Mangel und Fülle an einem Fest, das für viele Menschen das Fest ihres Lebens bedeutet: Die Hochzeit.

Dieser Geschichte kommt innerhalb der Gesamtkomposition des Johannesevangeliums eine besondere Stellung zu: Denn sie bildet den Hintergrund, auf dem Jesus zum ersten Mal öffentlich erscheint und wirkt. Auf dieser Hochzeit ereignet sich die wunderbare Verwandlung von Wasser in Wein.

„Verwandlung“ ist quasi ein Stichwort dieser Geschichte. Denn es geht nicht allein um eine äußere Verwandlung von Wasser zu Wein, sondern parallel dazu auf einer tieferen, inneren Ebene um die Verwandlung der Jünger Jesu, die zum Glauben kommen.

Und auch Jesus selbst verwandet sich - vom Gast zum eigentlichen Gastgeber des Hochzeitsfestes. Er feiert mit den Menschen Hochzeit, und damit die Fülle des Lebens, teilt seinen Wein aus und lässt sie damit schon jetzt auf Erden Teil haben an der ganz großen Hochzeit: Denn mit dem Wein gibt Jesus den Menschen einen Vorgeschmack auf die vollkommene, ewige Fülle des Lebens in Gottes kommenden Reich.

So ist das Wunder zu Kana ein Zeichen für ein Leben in Fülle in der Gemeinschaft mit Jesus, der sein Leben hingibt für uns. Bereits seit der alten Kirche wird die Spende des Weins durch Jesus in dieser Wundergeschichte als Hinweis auf das Abendmahl gedeutet.

In der Weise, wie Johannes mit der Wundergeschichte der „Hochzeit zu Kana“ den Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu beschreibt lässt sich die hohe Christologie seines Evangeliums erkennen: Die Wesens- und Wirkeinheit von Vater und Sohn (vgl. Johannes 10,30: „Ich und der Vater sind eins“). Neben seiner Göttlichkeit wird zugleich auch Jesu Lebensnähe deutlich:

Jesus ist Gast auf einer Hochzeitsfeier, er ist mitten unter den Menschen und hilft ihnen in der Not. Jesus ist kein Asket, der sich in seine innere Welt und seine besondere Beziehung zu Gott zurückzieht. Er geht heraus und ist da, wo Menschen sich versammeln. Und sie dürfen zu ihm kommen und ihm bringen, was sie bedrückt: Ihre Krankheit, ihre Ängste und Nöte. Große und kleine Sorgen – auch etwas derart Alltägliches und Lebensnahes, wie den Mangel auf einem Fest.

Auf der Hochzeit zu Kana zeigt Jesus also zum ersten Mal seine ganze Herrlichkeit, „eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“, wie Johannes es im Hymnus am Anfang seines Evangeliums beschreibt und diesem damit zugleich eine Überschrift verleiht.

Mit dieser Geschichte für den 2. Sonntag nach Epiphanias rückt das ganz ins Zentrum, worum es in der „Epiphaniaszeit“, der Zeit nach dem Erscheinungsfest am 06. Januar geht: In dieser Zeit, die man auch als verlängerte Weihnachtszeit bezeichnen kann, geht es ja in und mit den für diese Zeit vorgesehenen Texten aus der Bibel darum, dass Gott sich der Welt zeigt, wie er erscheint in unserem Leben und wo etwas von dem Licht aufleuchtet, das an Weihnachten mit Jesus in die Welt gekommen ist.

Darauf antwortet die Geschichte von der Hochzeit zu Kana auf ihre Weise und entfaltet zugleich wunderbar, was im Wochenspruch (ebenfalls aus dem Hymnus in Johannes 1) für die mit dem heutigen Sonntag beginnende neue Woche anklingt:

Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade. (Johannes 1,16)

Darauf gibt aber auch das Internet-Bild auf seine Weise Antwort: „Jesus was here“ – mit Witz verkürzt und zugleich pointiert eine tiefe Wahrheit benannt: Jesus war und ist hier – überall dort, wo wir Menschen sind – mitten im Leben, mitten in unserem Alltag. Da ist er, um uns zu begegnen, um seine Herrlichkeit zu zeigen und etwas von dem Licht aufscheinen zu lassen, das Gott mit ihm in die Dunkelheit der Welt gesandt hat.

„Jesus was here“ - damit dürfen wir rechnen und leben, daran dürfen wir glauben und uns festhalten - jeden Tag neu.

„Jesus was here“ – darin können wir auch singend einstimmen mit dem Epiphanias-Lied: „Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude“ (EG 66):

Dort heißt es im siebten Vers:

Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden:
komme, wen dürstet, und trinke, wer will!
Holet für euren so giftigen Schaden
Gnade aus dieser unendlichen Füll!
Hier kann das Herze sich laben und baden.
Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden. (EG 66,7).

Pfarrerin Susanne Veith