Ein Anschlag

Ein Anschlag war schon immer wohl

für Radikale ein Symbol,

ein Manifest entschloss’nen Strebens –

oft mit Verlust des eig’nen Lebens.

 

Ganz unwillkürlich denkt man da

an das, was in New York geschah,

in London, Brüssel und Paris –

noch manches sich erwähnen ließ

von Folgen destruktiver Taten

durch Feuer, Bomben und Granaten.

 

Nun muss ein Anschlag nicht allein
mit Waffen und Gewalt nur sein.

Man kann – im Gegensatz zu ihnen –

sich andrer Mittel auch bedienen.

Ein Anschlag sticht speziell heraus,

denn man kam ohne Sprengstoff aus,

und doch hat dieser, sozusagen,

wie eine Bombe eingeschlagen.

Verletzt wurd’ mancher ziemlich schwer –

nein, nicht der Körper, nur die Ehr’.

 

In Wittenberg ist es gewesen,
der Anschlag der berühmten Thesen,
die Luther, wohl in dunkler Nacht,

an seiner Kirche angebracht

an den massiven Eingangstüren,
um uns zurück zu Gott zu führen.

Dabei verwies er unverzagt

auf das, was uns die Bibel sagt.

 

Die 95 Thesen galten

dem bibelwidrigen Verhalten

von anerkannten Theologen,

die sich wohl nicht darauf bezogen,

wie Jesus Christus dazu steht,

wenn es um die Vergebung geht.

Mit Froher Botschaft war nicht viel –
es glich mehr einem Trauerspiel.

 

Es war im kirchlichen Gebaren

die Praxis ziemlich abgefahren:

Vergebung wurde nur gewährt,

nachdem man sich bereit erklärt,

für Sünde, Unrecht und Verbrechen

zuerst mal ordentlich zu blechen.

 

Das Ganze unter „Ablass“ lief;

die Machenschaft war lukrativ.

Die Preise waren ungeheuer –

im wahrsten Sinne „sündhaft teuer“.

So war Vergebung, wenn auch dringlich,

für arme Menschen kaum erschwinglich.

 

Mit diesen Missständen im Blick,

verfasste Luther die Kritik.

Er wollte in den Kirchenkreisen

gezielt auf eine Tat verweisen,

auf einen Anschlag, der geschah

vor langer Zeit auf Golgatha,

wo man aufgrund fiktiver Klagen

hat Jesus an ein Kreuz geschlagen.

Er zahlte dort mit großer Qual

den „Ablass“ – ein für alle mal.

Vergebung kann jetzt jeder kriegen –
die Kirche hatte das verschwiegen. 

 

Das Fazit ist erstaunlich schlicht:

Die guten Werke sind es nicht,

und auch durch Zahlung, das steht fest,

die Schuld sich niemals tilgen lässt.

Aus Gnade nur sind wir befreit,

das ist’s, was Luther seinerzeit

der Menschheit nahebringen wollte,

auch wenn die Kirchenleitung grollte.

 

500 Jahre sind vergangen

seit jenem kühnen Unterfangen.

Und könnt’ ich Luther heute fragen,

dann würd’ er höchstwahrscheinlich sagen:

„Applaus ist schön, jedoch versteht,

um was es letzten Endes geht.

Drum feiert weder die Person,

noch selbige Reformation;

bejubelt das, wofür sie stand.

Die Gnade kommt aus Gottes Hand.

Dies Vorrecht kann uns niemand rauben;

Gerecht sind wir allein aus Glauben“.

 

© Hans Elwert, 2017

 

 

Römer 3:28;

Denn wir gehen davon aus, dass man aufgrund des Glaubens für gerecht erklärt wird, und zwar unabhängig von Leistungen, wie das Gesetz sie fordert.